Davor, danach, nachher
fast ein Märchen
     


„Das ist es also.“

„Ja, das ist es.“

„Schön.“

„Das findest du schön?“

„Ja.“

„Was ist denn daran schön?“

„Alles.“

„Ich finde es entsetzlich.“

„Wieso denn entsetzlich?“

„Na, guck doch!“

„Ich gucke doch. Und ich find’ es schön.“

„Versteh ich nicht.“

„Weil du es nicht wirklich richtig sehen kannst. - Immer nur im Spiegel.“

„Ach, lass uns von was anderem reden.“

„Warte noch.“

„Nein, ich will nicht mehr.“

„Bitte!“

„Gut, einmal noch und dann ist Schluss. Das geht mir alles sowieso schon ein bisschen zu weit. Einfach ein Mann von der Straße und ich zeig ihm das Geheimste, was ich hab. Nicht einmal meine beste Freundin weiß davon“

„Ich bin doch kein Mann von der Straße.“

„Doch, bist du! – Mein Vater hat ein halbes Jahr lang warten müssen, ehe sich meine Mutter zum ersten Mal hat küssen lassen. Wir kennen uns noch nicht einmal zwei Wochen.“

„Hatte deine Mutter auch so ein schönes Geheimnis?“

„Fang nicht schon wieder an.

“ „Aber, ich finde es wirklich schön, die Form, die Farbe und wie es sich …“

„Finger weg! – Ansehen hab ich gesagt, nicht anfassen.“

„Haben das auch andere schon sehen dürfen?“

„Eben nicht! - Und das war es dann immer gewesen. Alles ging gut bis ihnen das unter die Finger geriet. - Bums, aus. Es gibt andere, da muss man sich nicht gruseln, wenn man ihnen unter das Hemd fasst. Deshalb hab ich gedacht, es ist besser, wenn du gleich weißt, worauf du dich einlässt, ehe ich mir wieder irgendwelche falschen Hoffnungen mache.“

„Idioten!“

„Na da kannst du doch nur von Glück reden. Oder denkst du, du wärst sonst hier über die Schwelle gekommen?“

„Hast du auch wieder Recht.“

„So, und nun ist wirklich Schluss! - Geh, setz dich in den Sessel!“

„Also, wenn du es so sehen könntest wie ich …“

„Will ich aber nicht.“

„Vielleicht ist das überhaupt dein Problem.“

„Was denn für ein Problem?“

„Dass du denkst, an dir ist gar nichts schön, überhaupt nichts. Dabei bist du …“

„Nun hör aber auf.“

„Doch, bist du. - Finde ich jedenfalls.“

„Das sagst du jetzt, weil …“

„Ich sag es, weil es stimmt.“

„Sagen kann einer viel.“

„Ich sag es aber nicht bloß.“

„Ja, ist gut. Und nun hör auf.“

„Das ist schon ganz schön kompliziert mit dir.“

„Siehst du!“

„Also nun hör mal zu, Schatz: … “

„Den Schatz kannst du dir abschminken. - Schatz sagen Männer, die eigentlich: ’Du blöde Kuh’, sagen wollen. ‚Jetzt hör mal zu, du blöde Kuh!’ Das hab ich hinter mir. Wer Schatz zu mir sagt, hat bei mir keine Chance. Der kann sich bei sonst wem was ausrechnen, aber nicht bei mir. Schatz will ich jedenfalls von dir nicht hören, nicht von dir.“

„Also gut, du blöde Kuh, es ist mir ein Bedürfnis, zu erklären, dass du die schönste blöde Kuh bist, die mir bis jetzt über den Weg gelaufen ist. Mit allem, was dazu gehört, auch mit dem was du so hässlich findest.“

„Danke!“

„Und jetzt würde ich es gern noch einmal sehen.“

„Hast du denn nichts anderes im Kopf?“

„Im Moment nicht.“

„Aber fang nicht wieder an, dass du es schön findest.“

     
     
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