Das war ja nun wirklich das Allerletzte, was Klara-Petra Klappschott sich
hätte vorstellen können, dass ein Mann sie fragt, ob sie einen
Wok zu Hause habe, und zwei Stunden später liegt sie mit ihm im Bett,
liegt mit ihm in ihrem Bett, indessen in der Küche auf dem Herd eine
Suppe vor sich hin köchelt oder „simmert“, wie er das
nennt, von der er sagt, die bringe den Mops zum Hopsen. Und indem sie
ihren ruhiger werdenden Atemzügen nachlauscht, das zweite Mal schon
in diesen zwei Stunden, denkt sie mit einer Art lustvollen Entsetzens:
„Was soll das erst mit dieser Suppe werden?“
Dabei schien es wieder einmal einer von jenen Tagen werden zu sollen,
zu denen ihre Freundin Inga: „Abhaken“, sagte. „Abhaken.
Ändern kannst du sowieso nichts dran.“
Morgens schon, die Augen noch halb geschlossen, der Blick zur Zimmerdecke.
Und tatsächlich, da saß sie wieder, die dicke fette Spinne,
von der sie gemeint hatte, sie habe sie am Abend in den Staubsauger gesaugt,
und hatte ein neues Netz gesponnen. Dann, im Bad, die Zahnbürste:
Wutsch, von der Ablage direkt ins Toilettenbecken. - Spülen oder
tauchen? - Es war die letzte, die sie hatte. Aber der Blick in den Spiegel
sagte, auch Zähneputzen würde nichts bringen. Ihr Chef, der
Ministerialdirigent Dr. Arnfried Langhammer würde: „Na, Fräulein
Klappschott“, sagen, „wieder etwas spät geworden gestern“,
und seine Sekretärin, Frau Kolberg, die ihn „Herr Doktor“
nannte, würde die Augenbrauen emporziehen, dass man nicht viel Fantasie
brauchte, um zu wissen, was sie dachte. Während sie sich ertappt
fühlen würde, obwohl nichts von dem gewesen war, nicht einmal
das Spät. Im Gegenteil. Denn Inga war schon gegen Zehn von der Tanzfläche
im Café Romantik zum Tisch zurückgekommen und hatte ihre Handtasche
geholt. - „Wer auf die Dreißig zugeht, kann es sich nicht
leisten, die wenigen gelegentlichen Gelegenheiten in den Wind zu schlagen.“
- Und sie hatte sie beneidet, weil sie das konnte, einem der Typen, die
von ferneren oder näheren Tischen mit einem Schmalzkuchenlächeln
herüberblickten, ein Zeichen zu geben, das ihm sagte, er würde
nicht mit betont hochmütig herabgezogenen Mundwinkeln wieder abziehen
müssen, wenn er sich entschloss, sie zu einer Runde rhythmischen
Herumhopsens auf der Tanzfläche aufzufordern. Ja, dafür beneidete
sie sie. Aber wenn sie dann selbst von einem der Lächler mit schweißfeuchten
Händen über das Parkett geschoben wurde und sie sich vorstellte,
wie er mit keuchendem Atem an ihren Ohrläppchen herumknabbern und
zugleich versuchen würde, das System ihres BH-Verschlusses zu erkunden,
ging sie doch zur Toilette und telefonierte nach einem Taxi.
Nein, sie habe eben andere Vorstellungen von gelegentlichen Gelegenheiten,
sagte sie sich dann. Aber schlafen konnte sie trotzdem nicht. Und wenn
Frau Kolberg nicht im Zimmer war, und der Herr Doktor ihr etwas am Computerbildschirm
erklären zu müssen meinte, ahnte sie, dass er nicht nur dachte,
was Frau Kolberg dachte, sondern, dass er auch Träume hatte. Warum
sonst beugte er sich in einer Weise über ihre Schulter, dass sie
geradezu spüren konnte, wie seine Nasenlöcher sich weiteten
und stützte dabei seine Hand so dicht neben ihre Hand auf die Tischplatte,
dass sie dagegen stoßen musste, wenn sie die Computermaus bewegte?
Er war nicht der erste Chef, den sie hatte. Aber, nein, keine Chefs und
keine Kollegen und Niemanden, der schon verheiratet ist, niemals! Das
gehörte zu ihren Grundsätzen. Und einen Mann, dem man schon
von weitem ansah, dass es nicht zu seinen Gewohnheiten gehören konnte,
täglich die Wäsche zu wechseln, gleich gar nicht.
Und dann der mit seiner Suppe!
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